Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft – ein Rück- und Ausblick

Pünktlich zum Ende der deutschen EU-Ratspräsidentschaft verkündete die EU-Kommission, dass ab dem 27. Dezember 2020 in allen EU-Staaten mit den Impfungen gegen das Coronavirus begonnen werden könne.

Dem vorausgegangen waren gemeinsame Verhandlungen der EU zu Einkauf und Verteilung der Impfstoffe. Ein Kraftakt mit bisher bescheidenem Erfolg.

Die Pandemie hat der Ratspräsidentschaft einen klaren Gesundheitsfokus gegeben. Innerhalb der sechs Monate ergab sich die Aufgabe, das Handeln von 27 Mitgliedsstaaten zu koordinieren, wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie festzulegen und Instrumente zu schaffen, die die EU krisenfest für die Zukunft machen sollten. Zeit für einen Rückblick auf die Beschlüsse unter deutscher Ratspräsidentschaft.

Krisenmanagement im Fokus

Mit der Europäischen Gesundheitsunion soll das EU-Krisenmanagement verbessert werden. Im Fokus steht dabei die Stärkung der EU-Agenturen. Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) soll zu einem schlagkräftigen Reaktionszentrum für internationale Gesundheitsrisiken ausgebaut werden. Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) soll in die Lage versetzt werden, eine unionsweit koordinierte Reaktion auf Gesundheitskrisen in Bezug auf Arzneimittel und Medizinprodukte herbeizuführen.

Die EU-Arzneimittelstrategie soll eine tragende Säule der Europäischen Gesundheitsunion werden. Sie soll zum einen eine langfristige Vision für die strategische Autonomie der EU in Arzneimittelfragen sein und zum anderen eine Antwort geben auf die aktuellen Herausforderungen und die durch COVID-19 aufgedeckten Schwachstellen.

Lieferengpässe vermeiden

Zur Vermeidung von Arzneimittel-Lieferengpässen will die Kommission die Produktion von Arzneimitteln und Wirkstoffen stärker zurück nach Europa holen. Dazu wird in einem ersten Schritt ein „strukturierter Dialog“ mit Industrie, Behörden, Patienten- und Gesundheitsorganisationen und der Forschungsgemeinschaft gestartet zur Identifikation der Schwachstellen in den globalen Lieferketten.

Um allen EU-Bürgerinnen und -Bürgern einen gleichberechtigten Zugang zu Arzneimitteln zu ermöglichen, sollen mit einem Pilotprojekt die Ursachen für verzögerte Markteinführungen ergründet werden.

Hierzu gehört auch die weitere Wettbewerbsförderung im Bereich der Generika und Biosimilar-Arzneimittel. Die Kommission spricht sich darüber hinaus für Leitlinien für eine stärkere europäische Zusammenarbeit bei der Preisgestaltungs- und Kostenerstattungspolitik aus, ein Vorhaben, was noch zu erheblichen Konflikten mit den Mitgliedstaaten führen dürfte.

Forschung fördern

Beim Thema Forschung und Innovation sollen die Prioritäten stärker auf die Bedürfnisse der Patienten und die Anforderungen der Gesundheitssysteme abgestimmt sowie umweltfreundliche Herstellung, Verwendung und Entsorgung von Medikamenten gefördert werden. Vor allem in den Bereichen Antibiotika-Resistenzen (AMR), seltene und neurodegenerative Krankheiten und Kinderonkologie sollen Forschung und Innovation gefördert werden.

Geplant ist außerdem die Errichtung einer Health Emergency Response Authority (HERA), um auf Krisen und gesundheitliche Notlagen besser reagieren zu können. Ende 2021 wird ein erster Vorschlag für einen europäischen Raum für Gesundheitsdaten oder Common European Health Data Space (EHDS) folgen.

Zur Finanzierung dieser Maßnahmen, haben sich das Europäische Parlament und die EU-Kommission unter der deutschen Ratspräsidentschaft auf das Gesundheitsprogramm EU4Health mit einem Budget von 5,1 Milliarden Euro geeinigt.

Die Vorhaben sind ambitioniert und es wird sich zeigen, wie die weiteren Verhandlungen unter der portugiesischen Ratspräsidentschaft verlaufen. Die Krise zeigt aber deutlich auf, an welchen Stellen es der EU an Handlungsfähigkeit fehlt.

Mit Blick auf die Impfkampagne sind Länder wie die USA und Großbritannien der EU weit voraus. Hier anzusetzen und die Reaktionsfähigkeit der EU zu schärfen, ist der jetzt dringend benötigte Schritt hin zu einer krisenfesten EU, die im internationalen Vergleich mithalten kann.

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